Sonntag, 25. Januar 2015

Please Don't Leave Me - Serien, die zu früh abgesetzt wurden

Über die Laufzeit einer Serie gibt es verschiedene Auffassungen. Die einen möchten, dass ihre Lieblingsserie quasi ewig weiterläuft, andere sagen, dass jede Serie ihre Zeit hat und früher oder später zu einem Ende kommen sollte. Das gilt für Drama- genauso wie für Comedyserien. Sicher, die Procedurals dieser Erde haben eine längere Halbwertszeit, aber auch da ist irgendwann die Luft raus. In die Länge ziehen funktioniert nicht immer, One Tree Hill und How I Met Your Mother (beide 9 Staffeln lang, How I Met Your Mother - Ein Nachruf.) zeigen das. Hin und wieder finden sich aber auch Beispiele, wo das funktioniert: Grey's Anatomy (momentan 11. Staffel) oder auch Supernatural (10. Staffel aktuell).

Und dann gibt es diese Serien, die nach viel zu kurzer Zeit abgesetzt werden. Durch wiedrige Umstände oder einfach nur schlechte Quoten und meistens mit einem schlechten, weil offenen Ende. Oder noch schlimmer: Einem Cliffhanger. Denn oftmals wird die Entscheidung, eine Serie zu verlängern oder abzusetzen, erst zu den Upfronts im Mai getroffen, also zu einer Zeit, in der die Staffelfinals schon abgedreht oder sogar schon gesendet wurden.

Ich habe ein paar Beispiele aufgetrieben, die mich besonders betroffen haben. Zumindest eine Story hat ihr Happy End bekommen (und es ist nicht Happy Endings...).

Pushing Daisies (2 Staffeln, 22 Episoden)

Bunt und unkonventionell kam die Story um Kuchenbäcker Ned (Lee Pace, Guardians of the Galaxy, The Hobbit) mit der besonderen Gabe des Wiederbelebens daher. Alles beginnt, als er die Leiche seiner Jugendliebe Chuck (Anna Friel) findet und diese durch eine Berührung wiederbelebt. Die ganze Sache hat genau zwei Haken: Berührt Ned die gerade wieder zum Leben erweckte Person nicht innerhalb einer Minute ein zweites Mal, was dann wiederum das sofortige und dauerhafte Ableben jener zur Folge hat, so stirbt jemand anderes. Und der zweite Haken ergibt sich daraus: Denn, auch wenn bereits jemand den Platzhaltertod höchst unfreiwillig auf sich genommen hat, so darf Ned die wiederbelebte Person trotzdem niemals berühren. Das macht die wiederaufkeimende Romanze zur wiederbelebten Chuck nicht leichter.

Damit es nicht langweilig wird, begleiten wir Ned und seinen Privatdetektiv-Kumpanen Emerson Cod (Chi McBride) auf der Suche nach Mördern - leichtes Spiel, wenn man das Opfer selbst nach seinem Peiniger fragen kann, möchte man meinen. Doch die Fälle sind oft vertrackter als gedacht, immer kurzweilig, manchmal sogar gefährlich.

Zugegeben, die Ausgangssituation limitiert die Serie auf Dauer schon. So ist es anfangs noch niedlich, wenn Chuck und Ned neue Wege finden, sich nahe zu kommen, ohne sich zu berühren, mit der Zeit wird es jedoch anstrengend, da die Beziehung der beiden stagniert. Trotzdem hätte ich gern mehr als nur 22 Folgen dieser grandiosen Serie gesehen. Doch der Streik der amerikanischen Autorengewerkschaft machte die erste Staffel nach neun Folgen mundtot, die Wiederbelebung für Staffel 2 dauerte zwar länger als eine Minute, mehr als 13 Episoden wurden es aber leider auch nicht. Dann berührte ABC die Serie ein zweites Mal und sie war für immer tot, mit einem ziemlich zurechtgeschusterten, halboffenen Ende.



Happy Endings (3 Staffeln, 57 Episoden)

Zugegeben, die Prämisse der Serie klingt wie ein Abklatsch aller bisherigen Freunde-Comedies. Ein Ehepaar, ein Geschwisterpaar, ein "Nichtsnutz" und eine geplatze Hochzeit als Einstieg. Willkommen bei How We Met Our Friends.

Doch was dann geschieht, ist für mich heute noch unbegreiflich: Die Serie macht aus den alten Rollenbildern, wiederaufgewärmten Klischees und unsäglichen Verstrickungen einfach das meiner Meinung nach witzigste, was ich seit Langem gesehen habe. Pop-kulturelle Anspielungen, schnelle Wortwechsel, Wortspiele und Klamauk vermischen sich zu einem grandiosen Sketchfeuerwerk. (Ich kann das sagen, ich lache auch beim 8. Durchlauf immer wieder laut los!) Im Cast einen Liebling auszumachen ist schwer, jeder Darsteller überzeugt voll und ganz. Timing und Können sind grandios.

Das sahen zwar auch die Verantwortlichen beim Sender ABC so (sonst wäre wohl schon nach der ersten Staffel Schluss gewesen), aber leider die amerikanischen Zuschauer nicht. Und so wurde die Serie unter einer Kampagne #SaveHappyEndings zwar noch versucht an einen anderen Sender weiterzuverkaufen, letztlich jedoch trotzdem beerdigt. Das einzig Positive: Zumindest darf das Ende als einigermaßen "rund" bezeichnet werden, der Kreis zum Beginn der Serie ist irgendwie geschlossen. Doch so recht verwinden kann ich (und neben mir noch viele andere) das Aus der Serie bis heute nicht.



Veronica Mars (3 Staffeln, 64 Episoden)

Als diese Serie 2004 beim kleinen Network UPN startete, wusste noch keiner, dass sie einmal zur Ikone wird. Zum einen zur Ikone einer Generation von Tennie-Serien, die versuchen anders zu sein als bisher, zum anderen zu einer Ikone des modernen Crowd-Fundings. Doch dazu gleich mehr.

Rob Thomas zeichnet uns in seiner Serie, recht untypisch für ihr Genre, eine dunkle Welt. ("Teen-Noir" heißt das dann im Serien-Jargon) Eine mit reichen, verwöhnten 09ern (an deren Postleitzahl orientiert) und all den anderen, "niederen" Menschen im Rest der fiktiven Stadt Neptune. Veronica (Kristin Bell) hat eine bewegte Vergangenheit, war trotz ihrer Herkunft aus dem "Rest" Teil der Clique der 09ers. Bis ihre beste Freundin (Amanda Seyfried) ermordet wird und Veronicas Vater (Enrico Colantoni), zu dieser Zeit Sheriff der Stadt, gegen deren Vater ermittelt. Veronica wird verstoßen, zur Außenseiterin. Als wir in ihr Leben kommen, baut sie sich gerade ein neues Leben an der Highschool auf, wird noch immer von allen verhöhnt - und hat begonnen, selbst den noch immer ungeklärten Tod ihrer besten Freundin aufzuklären. Ihr Vater ist inzwischen Privatdetektiv, von ihm lernt sie auch die besten Tricks. Die Serie lebt von einer kessen Veronica, die schlau ist und zielstrebig, trotzdem manchmal falsche Entscheidungen trifft und unsicher ist.

Überhaupt sind die Charaktere zumeist recht vielschichtig, auch die Fälle, die Veronica für ihre Mitschüler löst, entpuppen sich oft als mehr als sie zunächst scheinen. Und so ist es die unglaublich gute erste Staffel, die extrem hohe Erwartungen setzt. Die zweite Staffel hält da qualitativ noch mit, wenn die Quoten auch fallen. Um dem entgegen zu wirken, wird in der dritten Staffel (die nun am College spielt) kein staffelübergreifender Fall behandelt, sondern kleinere Stücke abgearbeitet. Ein Schachzug, der immer logisch klingt, jedoch nur selten den gewünschten Effekt hat. Und so geht Voronica am Ende des dritten Staffelfinals The Bitch Is Back durch den Regen, dem offenen Ende der Serie entgegen.



Über Jahre hinweg sind Fans verärgert, fordern irgendeine Art Aufklärung. Verhandlungen für einen Film scheitern, zu gering scheinen die Erfolgsaussichten. Im Jahr 2013 fassen sich Schöpfer Rob Thomas und seine Darsteller ein Herz und starten ein Crowdfunding-Projekt. Sie wollen in einem Monat 2 Million Dollar sammeln. Die sind innerhalb von 10 Stunden beisammen, am Ende werden es  knapp 6 Millionen. Und das Projekt wird das mit den meisten Unterstützern seit Gründung von Kickstarter. Der Film startete 2014 in den Kinos und die Fans sind hoch zufrieden. Happy Ending.

Smash (2 Staffeln, 32 Episoden)

Nachdem Glee unglaublich erfolgreich startete, prüften alle Sender eigene Musical-Projekte. NBC nahm es wortwörtlich und ließ die Serie Smash vom Stapel. Diese dreht sich um die Inszenierung eines Musicals über Marilyn Monroe - und zwar von der Idee bis (zumindest theoretisch, denn dazu kam es ja nie) zum fertigen Produkt. Mit allen Wiedrigkeiten wie Besetzung, Musikauswahl und Liebesquerelen ausgestattet, erbot sich ein recht stimmiges Bild einer - zugegebenermaßen - leicht soapigen Serie, die aber vor allem auch durch die Musik überzeugen konnte.



Auch der Cast konnte überzeugen. So mimte Jack Davenport (Fluch der Karibik) den Regisseur Derek, der eine harte Schale hatte und meist ziemlich ungenießbar war, auf den man aber auch zählen konnte, wenn es darauf ankam. Sehr zu meiner Freude war auch Will & Grace-Alumna Debra Messing mit von der Partie, die Julia spielte, die neben der Story fürs Musical auch einen Großteil des privaten Dramas beisteuerte.

Und ja, es ging auch einiges daneben. Das Liebeshin und -her war recht anstrengend und die immer neuen Steine, die dem Musical in den Weg geworfen wurden, waren nicht immer ein Grund weiterzuschauen. Für mich war die Serie jedoch immer eine Quelle guter Laune, denn die Musicalnummern wurden jederzeit top umgesetzt. Zum Schluss blieb NBC aufgrund desaströser Quoten nichts anderes übrig als den Stecker zu ziehen. Zumindest ließ man dies die Macher recht zeitnah wissen und so konnte ein vertretbares Ende stattfinden. Und das wurde, Sendeplatz hin oder her, auch ausgestrahlt und versauert nicht in irgendeinem Archiv.

United States of Tara (3 Staffeln, 36 Episoden)

Als einzige Nicht-Networkserie schafft es United States of Tara in diese Riege. Denn normalerweise entscheiden sich die Pay-TV Sender schon recht früh bei der Sichtung neuen Materials ganz am Anfang des Produktionszyklus, ob die Serie weiterhin auf Sendung bleibt. Denn viel wichtiger als Einschaltquoten sind für HBO und Co. der sogenannte BUZZ, den eine Serie kreiert und damit die Scheinwerfer auf den austrahlenden Sender wirft und damit eventuell neue Abonnementen generiert.

Und genau das scheint die Serie um Familie Gregson nicht geschafft zu haben. Toni Collette (About a Boy) spielt darin die Titelrolle Tara, die an multiplen Persönlichkeiten leidet. Sie hat einen Mann (John Corbett, Sex and the City) und zwei Kinder. Diese kommen soweit ganz gut mit der Situation klar, kennen die Alter-Egos ihrer Mutter inzwischen und können mit ihnen umgehen. Auch wenn das aufgrund der Bandbreite natürlich nicht immer einfach ist. Denn neben Tara gibt es da noch T, das 16jährige Girlie, Alice, eine Hausfrau aus den 50ern und Buck, einen sexistischer Bauarbeiter-Typ.

Mit Verlauf der Serie versucht die Serie Taras Störung zu ergründen. Allerdings ergeben sich bald neue Persönlichkeiten, darunter ironischerweise die Therapeuting Shoshanna. Nach dem Ende der dritten Staffel, ohne dass auch nur ansatzweise geklärt wurde, wie es mit Tara und den anderen Familienmitgliedern, respektive Alter-Egos, weitergeht, wird die Serie für beendet erklärt. Schade, denn auch wenn die Qualität der Serie durchaus nachlies, so hätte man durchaus eine abschließende, eventuell verkürzte Staffel in Auftrag geben können. So wurde es mit The Big C schließlich auch gehandhabt und ist für einen Pay-TV-Kanal eigentlich kein Problem.

Was will uns der Autor damit sagen?

Das ist eine gute Frage. Zum Einen sollte man seine Lieblingsserie genießen. Das Ende kommt leider schneller als man denkt, egal wie gut oder schlecht sie ist. Zum Anderen ist natürlich auffällig, dass viele (Viele? Fast alle!) dieser Beispiele aus dem werbefinanzierten Network-TV stammen. Dort ist es selten möglich, vor den Werbepartnern zu rechtfertigen, dass man aus kreativer Sicht eigentlich noch eine Staffel machen müsse. Gegenbeispiele gibt es trotzdem: Der Spionagedramedy Chuck wurde eine Abschlussstaffel gewährt, ebenso der Sci-Fi-Mystery-Serie Fringe. 30 Rock durfte sich verkürzt verabschieden und das eingangs erwähnte One Tree Hill erhielt auch eine 13teilige Abschlussstaffel. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, sich hin und wieder etwas eher zu entscheiden, welche Serie eventuell die nächste Season nicht mehr erlebt und dies den Verantwortlichen mitzuteilen, sodass diese zumindest für ein paar bessere Staffelfinals sorgen könnten - schließlich könnte es das Serienfinale sein.

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