Wenn eines auffällt in der Serienlandschaft, dann ist es der
Drang, alles Mögliche zu rebooten und adaptieren. Erst kürzlich las ich über
ein geplantes Charmed-Reboot,
danach hörte ich von einer Freundin, dass Full House wiederbelebt werden soll.
Waren es vor ein paar Jahren noch Vampire und Musical Shows, so bekommt man den
Eindruck, dass wir uns jetzt in der Reboot-Phase befinden. Dazu kommen noch
mindestens genauso viele Superhelden-Adaptionen wie einst Vampir-Serien. Ganz zu schweigen von der Welle an Spin-Offs.
Was hat das für Gründe? Fällt den Serienschöpfern nichts
Besseres ein? Gibt es tatsächlich gute kreative Grundlagen für die
Wiederbelebung von alten Formaten? Muss man wirklich auf jeden Zug auspringen? Ich
möchte einen Blick auf die Erfolgschancen solcher Bestrebungen werfen, am
Beispiel einiger bereits laufender Reboots respektive Adaptionen/Sequels.
Sequels
Beverly Hills, 90210 goes 90210 oder: Wie man es besser
nicht macht.
Eines der prominentesten (wenn auch nicht über alle Maßen
erfolgreichen) Beispiele der letzten Jahre für eine Adaption eines alten
Erfolgsstoffes ist wohl 90210, jene Postleitzahl, die in den 90ern
Teenagerherzen höher schlagen ließ. Dylan, Kelly, Brendan & Co. lieferten
überaus erfolgreich Woche für Woche neue Stories. Nach 10 Jahren war Schluss.
Vorerst, denn 2008 belebte das kleine Network The CW die Serie
wieder. Und man ließ sich nicht lumpen: Sequel und quasi-Reboot in einem war
die Serie. Denn man blieb in der alten Welt, verlagerte die Serie in unsere
Zeit, verband ein paar neue Charaktere mit
den alten und gewann Schauspieler der alten Riege (bspw. Jennie Garth und
Shannon Doherty) für Gastauftritte. Dazu war das Ursprungssetting dem der
Mutterserie ähnlich. Mit Dixon und Annie kam ein Geschwisterpaar samt Eltern
neu in die berühmte Postleitzahlzone.
Fünf Staffeln gab es vom Sequel, nicht annähernd so
erfolgreich wie die Mutterserie waren diese. Diverse Umstrukturierungen,
inhaltliche Neuausrichtung und neue Charaktere kennzeichneten die Serie. Und so
ging sie etwas sang- und klanglos 2013 zu Ende.
Auch das Spin-Off von Beverly Hills, 90210, Melrose Place, bekam durch The
CW einen modernen weiter-Erzähler. Während die Originalserie über sieben
Staffeln lief, brachte es ihr Sequel nur auf eine einzige - da konnte auch Heather Locklear nicht helfen.
Ein Gegenbeispiel ist schwer zu finden, doch eines habe ich:
Dallas (2012). Von den Kritikern als recht gut befunden, kommt die "Next
Generation" der absoluten Kultserie Dallas (1978) bereits auf drei
Staffeln. Tendenz steigend. Liegt es also an der längeren Zeitperiode zwischen
Original und Sequel? Oder am besseren Writing? Wohl eher letzteres gepaart mit
einer Ausstrahlung auf einem Spartensender (TNT).
Reboots
Neben den Sequels, gibt es auch einige Reboots, die mehr oder minder erfolgreich sind oder waren. Auf der mehr-Seite steht seit 2010 Hawaii Five-0 auf CBS sowie seit 2012 Beauty and the Beast auf The CW. Auf der minder-Seite stehen die beiden Reboots von Ironside (2013) und Chalie's Angels (2011), die jeweils nicht mal eine ganze Staffel überlebten und das obwohl zumindest Charlie's Angels bereits zwei recht erfolgreiche Filme in der Neuzeit lieferte.
Erfolgschancen also 50:50? Vielleicht. Zumeist versuchen die Macher entweder zu sehr, sich am alten Stoff zu orientieren, sodass alles altbacken und wiederaufbereitet erscheint, oder aber man meint, die neue Serie so stark zu erneuern, dass vom Original - und vor allem von dessen Charme - nicht viel übrig bleibt.
Adaptionen
Superhelden-Adaptionen: Die Welt war nie sicherer
Im Kino gehen sie durch die Decke: The Avengers (2013), The
Dark Knight (2008)/The Dark Knight Rises (2012), Man of Steel (2013) und
Guardians of the Galaxy (2014) sind nur einige Beispiele.
Und was die Leute im Kino sehen wollen, das geht sicherlich
auch gut auf dem kleinen Bildschirm. Nunjain. Zuerst einmal verfügen die oben
genannten Mega-Blockbuster (man verzeihe mir diesen Über-Superlativ) über ein
wesentlich größeres Budget, dazu kommen um einiges bekanntere Schauspieler und
der Vorteil, den das serielle Erzählen schon aufgrund seines Formates
ausschließt: Kompakte Stories, nur alle zwei bis drei Jahre eine. Und nicht Woche
für Woche. Das soll natürlich nicht heißen, dass das im TV gar nicht
funktioniert, aber es ist schwieriger.
Bisher haben ABC mit Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.
und The CW mit Arrow recht erfolgreich getestet, wie Comic-Adaptionen im
TV aussehen können. The CW hat deshalb gleich noch The Flash
bestellt, ABC kommt mit einer extravaganten Adaption namens Marvel's
Agent Carter daher, die die Geschichte von Captain America's Freundin
Peggy Carter nach dem ersten Captain America Film weitererzählt. Dazu gesellen
sich das Batman-Prequel Gotham auf FOX und Constantine auf NBC. Und CBS? Die
haben sich kürzlich die Rechte an Supergirl gesichert...
Erfolgsaussichten? Wie immer entscheiden Timeslot und selbstverständlich die Qualität. Aber der
besondere Bonus des Bekannten könnte helfen, dass die Serien tendenziell etwas
bessere Chancen haben. Zudem beschert man uns tatsächlich keine platten
Erzählungen, sondern arbeitet unbekanntere Stoffe auf, respektive gibt
bekannten Stoffen einen neuen Anstrich. Die düsteren Formate Gotham und
Constantine werden von Fans schon sehnlichst erwartet und auch ich habe schon
ein Auge auf die Trailer geworfen und Blut geleckt.
A Movie and six Seasons
Jeder Serienjunky hat wohl schon von "Six Seasons and a
Movie" gehört, der Twitter-Spruch, der Community noch bekannter machte.
Was bei Community noch aussteht, haben Sex and the City sowie Veronica Mars
(spektakuläres Crowd-Funding-Projekt) bereits geschafft. Doch immer häufiger
wird der Spieß einfach umgedreht.
Zuletzt wurden About a Boy (verlängert) und Bad Teacher
(abgesetzt) seriell adaptiert. Ein Unterfangen, was mich vor die Frage stellt,
was das denn bitte soll. Nicht nur, dass dies Filme sind, die keiner
Fortsetzung bedürfen (die Gründe sind höchst verschieden und sollen nicht
weiter besprochen werden), es ist vor allem die Frechheit, dass die jeweiligen
Piloten der erwähnten Serien in 21 Minuten (!!!) eine Kurzfassung des Plots der
Originalfilme liefern und dann auf komplett neues Terrain vorstoßen. Absolut
schlecht. Dabei sollen beide als Comedies natürlich lustig sein, was bei mir
leider gar nicht zündete.
Weiter geht's demnächst mit Serien, die auf den Filmen
Minority Report, Shutter Island und 12 Monkeys basieren. Recht positiv soll
meines Wissens nach die Serienadaption von Fargo sein, na wenigstens ein
positives Beispiel.
Spin the Hell off! - Der Spin-Off-Wahn
Neben den ganzen Bestrebungen, Film- oder Comicvorlagen zu
adaptieren und alte TV-Serien wieder aufleben zu lassen, ist die unkreativste
Art und Weise, eine neue Serie zu entwerfen, wohl das Spin-Off, zumindest so,
wie es derzeit am häufigsten geschieht.
NBC startete 2012 recht erfolgreich Chicago Fire, nur um es
im Jahr darauf mit einem Spin-Off zu ehren - Chicago P.D.
Nachdem CBS die beiden CSI-Spin-Offs Miami (2002 - 2012) und
New York (2004 - 2013) abgesetzt hatte, wurde die Mutterserie in die nunmehr
15. Staffel geschickt und ein weiteres Spin-Off bestellt - CSI: Cyber.
Ein weiterer Veteran wurde bei CBS mit seinem zweiten
Spin-Off bedacht. Nachdem NCIS: Los Angeles 2009 startete (Mutterserie 2003),
kommt anno 2014 NCIS: New Orleans.
Selbst ABC versuchte seinen veritablen Serien-Hit Once Upona Time (2011) mit einem Spin-Off auszuschlachten. Once Upon a Time in Wonderland
ging allerdings nach einer Staffel verschütt.
Und auch das kleine Network The CW darf hier nicht fehlen:
2013 wurde mit The Originals ein Spin-Off zum erfolgreichen The Vampire Diaries
gestartet und für die Season 2014/15 um eine zweite Staffel verlängert.
Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, sicherlich
auch mit weitaus komplexeren Spin-Off Grundkostellationen (ich erwähne nur mal
kurz das Breaking Bad Spin-Off Better Call Saul), doch die oben genannten
Beispiele sollen ja meine Grundthese stützen.
Dass die neuen NCIS- und CSI-Spin-Offs erfolgreich sein
werden, das ist unbestritten. Ob sie der Qualität im Fernsehen einen positiven
Beitrag liefern dagegen schon. Wie immer hat niemand etwas gegen Formate
jeglicher Art, die etwas zu sagen haben, auch wenn es sich dabei um ein Spin-Off handelt. Derart generische
Abklatsch-Geldruckmaschinen sind allerdings keine guten Aussichten für die
TV-Landschaft.
Fazit
Und nun bekomme ich wieder den Bogen zu Full House und
Charmed. Können die Wiederbelebungen/Reboots funktionieren? Im Fall von Full
House eventuell. Die Familien-Comedy ist zurück und die Weitererzählung könnte
alte Schauspieler und Anspielungen mit einbinden. Zudem ist die Originalserie
lange genug vorbei, um ein neues Publikum zu begeistern.
Für den Fall Charmed sehe ich schwarz. Zum einen sind erst
sieben Jahre seit dem Ende des Originals vergangen, zum Anderen kann ich mir als
Fan des Originals kein Reboot vorstellen, in dem ich nicht mit Holly MarieCombs, Alyssa Milano, Shannon Doherty und Rose McGowan vergleiche.
Der Superheldenmanie blicke ich mit gemischten Gefühlen
entgegen. Zum einen freue ich mich mit zunehmenden Comic-Interesse an der
Vielzahl verschiedener Shows, sehe aber auch die Gefahr, dass die Networks auf
Teufel komm raus die Cashcow Comics melken wollen und dabei die Qualität auf
der Strecke bleibt.
Und ein letztes Problem sehe ich noch, eines das die Beispiele
im Text alle gemeinsam ausdrücken: Wo zur Hölle ist eure eigene Kreativität,
ihr Serienmacher? Warum wird geboot-spin-adaptet was das Zeug hält? Beispiele
der letzten Jahre zeigen, dass da noch viel zu ergründen ist. Once Upon a Time
ist phänomenal, was den Grad der Kreativität angeht. Und das gerade gestartete
Red Band Society zeigt, wie man mit klassischen Stoffen, neue Wege gehen kann.
Und das alles, ohne High-Concept-Shit!