Mittwoch, 21. Dezember 2016

Jahresrückblick eines Serienjunkies 2016

(Dieser Rückblick bezieht sich auf die US-Ausstrahlung. Daher schon vorab eine Spoilerwarnung. Wenn es um sehr aktuelle Ereignisse geht, werde ich noch einmal darauf hinweisen.)

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen, im TV laufen allerhand Jahresrückblicke. Da will auch ich nicht fehlen und blicke daher zurück auf das Serienjahr. Das Jahr war geprägt von Warten und Ankündigung zu warten - ich spreche von Gilmore Girls und der Nachricht, dass es bis zum Sommer 2017 dauert, bis die neue Staffel Game of Thrones erscheint. Für mich war es auch das Jahr, in dem ich mich von The Good Wife trennen musste. Außerdem wird seit neustem mein Serienherz durch Netflix vervollständigt.

Beste neue Drama-Serie 2016
This is Us (NBC) - Eine tolle Premisse, ein talentierter Cast (u.a. Milo Ventimiglia) und bisher herzerwärmende Geschichten kennzeichnen diese Familienserie. Ein guter Ersatz für Parenthood, das letztes Jahr auslief.

Beste neue Comedy-Serie 2016
The Good Place (NBC) - Eleanor ist fälschlicherweise nach ihrem Tod in das "gute Jenseits" gekommen. Und wir dürfen sehen, wie diese perfekte Welt dadurch aus dem Gleichgewicht kommt. Locker leicht, spaßig und bunt. Das macht Spaß. Dazu Kristen Bell in der Hauptrolle, was braucht man mehr?

Beste alte Drama-Serie
The Good Wife (CBS) - Diese Serie war bis zum Schluss immer noch wahnsinnig gut. Sie verlor nur leider zum Ende hin etwas an Zugkraft. (siehe unten) Trotzdem verdient sie sich auch in diesem Jahr diesen Titel zu Recht!

Beste alte Comedy-Serie
Brooklyn Nine-Nine (FOX) - Eine Thriller-artige Story zum Ende der letzten Staffel und Paralta und Holt im Zeugenschutzprogramm zu Beginn der neuen Staffel sagen schon alles. Super witzig, toller Cast, einfach perfekt!

Guilty-Pleasure-Serie 2016

Supergirl/The Flash (inzwischen beide The CW) - Sie machen Spaß, sind kurzweilig und liefern die wöchentliche Superheldenration. Genau das richtige für zwischendurch!

Beste Neuentdeckung 2016
Lovesick (Netflix) - Die britische Serie schaffte es mit einer Art "The Ex-List"-Prämisse zu begeistern. Außergewöhnlicher Erzählstil, herliche, wenn auch nicht perfekte, Charaktere und so manch abstruse Situation mit allerhand Slapstick sind die Gründe dafür. Die kürzlich erschienene zweite Staffel konnte diesen Eindruck bestätigen.

Größte Enttäuschung 2016
ABC verlässt der Mut, der Quotendruck ist Marvel's Agent Carter doch noch zum Verhängnis geworden. Doch auch die zweite Staffel überzeugte mit spannender Handlung, einer stets gut aufgelegten Peggy (Hayley Atwell) und ihren urkomischen Momenten. Auch Joshua Sasse alias Galavant musste sich leider für immer verabschieden.

Größte Überraschung 2016
Es steht nicht beim schlechtesten Serienfinale, aber Begeisterung sieht auch anders aus: The Good Wife endet eher mau. Zwar versucht man für ein rundes Ende den Bogen zum Beginn der Serie zu spannen, doch dies gelingt nur mäßig. Vieles bleibt zu vage und auch Unbefriedigung über so manch Entscheidung zum Ende hin macht sich breit. Das alles überraschte mich umso mehr, da diese Serie für perfekt durchdachte Storylines und extrem hohe Erzähldichte stand.
Die zweite Überraschung des Jahres kommt auch aus dieser Ecke: CBS schickt mit "The Good Fight" ein Spin-Off zu The Good Wife in Serie, in dem es um Diane (Christine Baranski) und Quinn (Cush Jumbo) gehen wird. Elis Tochter Marissa ergänzt den Cast und erhöht so den Score.

Beste Episode 2016
Es geschieht recht selten, dass es einen Piloten gibt, der rundum begeistert. Meist wird nur der Grundstock gelegt, Interesse geweckt. Doch bei This is Us ist von Anfang an alles da, wo es hin soll - und zwar mitten im Herzen. Ein stimmiger Pilot mit toller Charakterzeichnung und einem überraschenden Ende.

WTF-Moment 2016
Wieder ist es Game of Thrones. Als die Sept of Baelor tatsächlich in die Luft fliegt, war ich echt baff. Ich hatte es bis zuletzt für möglich gehalten, dass doch noch etwas dazwischen kommt. Die kurz darauf folgende Erkenntnis, dass jetzt tatsächlich der High Sparrow, Margaery, Loras und noch einige andere gleichzeitig entsorgt wurden, war nicht weniger erstaunlich.

Bestes Serienfinale 2016
Eigentlich sollte hier The Good Wife (oder auch Gilmore Girls) stehen. Beides war nicht besonders begeisternd.

Bester Schauspieler 2016
Andy Samberg (Jake, Brooklyn Nine-Nine)
Peter Dinklage (Tyrion Lannister, Game of Thrones)

Beste Schauspielerin 2016
Julianna Margulies (Alicia Florrick, The Good Wife)
Viola Davis (Annaliese Keating, HTGAWM)
Allison Janney (Bonnie Plankett, Mom)

Bester Nebendarsteller 2016
Micheal J. Willet (Shane, Faking It)
Andre Braugher (Cpt. Ray Holt, Brooklyn Nine-Nine)

Neue Lieblingsfiguren 2016
Ben (Bryan Greenberg) gefällt mir in The Mindy Project richtig gut, ich hoffe er bleibt uns eine Weile erhalten.
Max Fuller (Elias Harger) aus Fuller House (Netflix) ist, trotz seines Alters von gerademal 9 Jahren, der absolute Scene-Stealer im Full-House Sequel!

Alte Lieblingsfiguren
Mindy Kaling aus The Mindy Project
Phil Dunphy aus Modern Family


Bemerkenswertester Abschied 2016
#UndertheSheet bei HTGAWM ist Wes! Die Serie entledigt sich tatsächlich einer ihrer Hauptcharaktere. Chapeau!

Auffälliges Merkmal 2016
Die Serialisierung von Filmen nimmt kein Ende. Und der negative Erfolg dessen ist den Serienmachern keine rechte Lehre.
Auch der Siegeszug von Fantasy und Comic im TV hält weiter an - sehr zu meiner Freude.

Nervigste Storylines 2016
Die gesamte Baby-Story um Oleg und Sophie in 2 Broke Girls ist einfach nur nervig! (Mag auch an Sophie als Charakter im Allgemeinen liegen)

Beste Szene 2016
Es gab auch positive Ecken am Gilmore Girls-Sequel - zum Beispiel die Szene in "Fall", in der sich Lorelei und Luke endlich aussprechen. Mitfiebern pur und ein paar Tränchen später steht endlich fest, dass die beiden heiraten werden. Na bitte, geht doch!

Größte Vorfreude für 2017
Game of Thrones, Staffel 7
The Good Fight

Zu guter Letzt wie immer einen Dank an die Serienjunkies-Readaktion, die mich schon seit Jahren mit dieser Kategorie begeistert und mich damit auch zu diesem Post inspiriert hat.

Montag, 28. November 2016

Gilmore Girls - Where You Lead, I Will Follow

(Da es sich hierbei um die Besprechung der vier neuen Folgen handelt, tauchen selbstredend massive Spoiler dazu auf!)

Viele Serienfans haben sich den 25. November 2016 schon vor Monaten fett rot im Kalender markiert. Die Fortsetzung der viel zu unvermittelt abgesetzten und heiß geliebten Serie "Gilmore Girls" startete nämlich am vergangenen Freitag beim Streaming-Dienst Netflix. Doch hat sich das Warten gelohnt? Verennen sich die Macher um Amy Sherman-Palladino in allzu argem Fan-Service? Kommt das Gilmore Girls Feeling auch nach fast 10 Jahren wieder auf?

Where We Were

Zunächst jedoch eine kurze Bestandsaufnahme:
Wir verließen Stars Hollow mit der großen Party für Rory, die ihren Yale-Abschluss in der Tasche hat und mit Barak Obama auf Wahlkampftournee geht. Logan hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht, den Rory jedoch ablehnte. Daraufhin trennte sich Logan von ihr.

Lorelei wurde vom Abschied ihrer Tochter sehr mitgenommen, stimmte jedoch zu, auch weiterhin die Freitags-Dinner bei ihren Eltern zu besuchen. Und mit Luke kam es auch wieder zu einer Annäherung - die beiden küssten sich, als Lorelei erfuhr, dass Luke für fast alles auf Rorys großer Party verantwortlich war.

Where We Are Now

Wir finden uns zu Anfang direkt in Stars Hollow ein. Alles ist vertraut, Lorelei und Rory führen eines dieser super schnellen, voller popkultureller Referenzen steckenden Gespräche. Doch es dauert nicht lange, da wirkt alles zu vertraut. Alle scheinen - bis auf ein paar Änderungen - noch genau da, wo wir sie 2007 verließen. Doch dazu später mehr.

Schnell erfahren wir, dass Lorelei mit Luke liiert (jedoch nicht verheiratet) ist, dass Richard kürzlich verstarb und alsbald auch dass Rory eine Affäre mit Logan hat, welcher wiederrum verlobt ist. Der grobe Rahmen ist also gesteckt, doch so recht wohl fühlt man sich damit nicht. Hinzu kommt das Fehlen von Sookie, das nur mäßig erklärt wird, und die schiere Tatsache, dass Dinge einfach sind wie sie sind. Bis auf ein paar Ausnahmen wird so gut wie nichts tiefer ergründet, was sich in der Zwischenzeit abspielte. So wird uns nie erklärt, wie es urplötzlich wieder zu einer Paarung von Logan und Rory kam, nachdem er Rory höchst theatralisch erklärt hatte, dass sie entweder zusammen einen Schritt nach vorn gehen oder eben jeder seinen einen Weg. Auch Emily hat bis zu Richards Tod scheinbar nichts weiteres mit ihm erlebt. Bei Luke und Lorelei wird allenfalls angedeutet, dass es eine alltägliche Beziehung war.

Trotz aller Ungereimtheiten treffen wenigstens die Dialoge soweit ins Schwarze. Die Sprüche sind derb, die Anspielungen auf die Popkultur exzellent. Es ist also noch lange nicht alles verloren.

Where We Go

Ich möchte nicht episodenweise ein Urteil fällen. Das wäre im Normalfall zwar die logische Vorgehensweise, doch in Zeiten von Binge-Watching auf Netflix sei dem Zuschauer zugetraut, kurz hintereinander konsumierbare Folgen auch entsprechend inhaltlich miteinander zu verknüpfen. Und das ist im Falle von Gilmore Girls: A Year in the Life auch von Vorteil. Denn die Macher haben stringent diverse Brotkrumen verteilt. Das war nicht immer einsichtig, verwirrte des Öfteren und schien wenig zuträglich zur Story. Erst gegen Ende helfen einige der Brotkrumen, den Weg zum Finale zu finden.

Rory

Auf der einen Seite erwartete ich natürlich die Rory, die wir in Bon Voyage auf ihre Reise schickten. Doch auf der anderen Seite entwickelt sich jeder Mensch besonders zwischen 22 und 32 wohl noch einmal gewaltig weiter. Und genau davon merkt man Rory leider nichts an. Außer, dass die Macher sie in erwachsende Outfits stecken, wirkt Rory fast schon jugendlicher als zu ihren Yale-Zeiten. Sie findet es cool, keine feste Wohnung zu haben und stattdessen bei ihrer Mutter oder ihren Freunden zu "crashen" - oder aber natürlich bei Logan. Doch mit dem ist sie nicht etwa zusammen. Sie führt eine "Was in London passiert, bleibt auch in London"-Affäre. Sehr erwachsen.

Doch so langsam schafft es Rory, sich aus diesem mächtig unreifen Lebensstil zu befreien. Mit dem Umweg über eine Co-Autoren Stelle für ein Buch, einer Story über Schlangen in New York und eine Website, die sie zunächst unbedingt haben wollen und sie dann doch ablehnen. So landet Rory doch länger als erwartet wieder in Stars Hollow, fliegt noch ein paar mal nach London und stellt dann fest, dass sie Anfang 30, völlig pleite und - noch viel schlimmer - völlig perspektivlos ist. Trotzdem kann die stolze Rory es nicht lassen, jedem Bewohner ihrer Heimatstadt, der sie wieder willkommen heißt, dabei zu widersprechen.

Irgendwann nimmt Rorys Plot jedoch etwas an Fahrt auf: Sie übernimmt den Editor-Posten bei der Stars Hollow Gazette. Was zunächst wie ein schöner Weg zu innerem Frieden aussieht, wird jedoch schnell abgearbeitet und quasi wieder verworfen. Denn Rory wird mit einer neuen Idee konfrontiert, was sie mit ihrer beruflichen Zukunft anfängt - und zwar von keinem geringeren als Jess. Der versteht Rory eben und so enttäuscht es umso mehr, dass es im Prinzip bei dieser kurzen, aber schönen Begegnung der beiden bleibt. Da hat man wohl leider Potential verschenkt.

Die Buch Idee an sich kann man so ambivalent sehen wie diese Fortsetzung: Es hat seine guten Seiten, aber perfekt ist es leider nicht. Dass Rory am Ende faktisch die Serie aufschreibt, die wir sahen, ist auf einer Metaebene zwar rund, wirkt aber nicht gerade revolutionär. Und der Konflikt, der kurz vor Ende dadurch mit Lorelei provoziert wird, war auch unnötig.

Lorelei

Das Beste zum Beginn: Luke und Lorelei sind ein Paar. Und sie bleiben es. Man traut sich auch nicht, ernsthaft daran zu rütteln, auch wenn Emily immer wieder anderes zu wissen glaubt. Außerdem ist es auch immer noch schön zu sehen, wie die beiden miteinander umgehen, wie sie sich durchaus auch missverstehen und sich dann laut streiten. Das macht deren Beziehung aus.

Lorelei geht in diesem Jahr wohl durch das tiefste Tal. Ihre Selbstkrise, Luke unterbuttert zu haben, geht mir jedoch ein Stück zu weit. Schon in der ersten Folge kommt sie auf die abstruse Idee, mit 48 Jahren nochmal Mutter zu werden, da sich Luke das eventuell vor Jahren gewünscht hat. Und selbst wenn der mehrfach sagt, dass alles okay ist und er kein Problem damit hat, dass sie kein gemeinsames Kind haben, glaubt ihm Lorelei nicht. Nicht ganz unschuldig daran ist Loreleis trauernde Mutter Emily. In deren Verzweiflung setzt sie Lorelei immer wieder Zweifel ins Ohr. Und die wird von den Komplexen ihrer Mutter gegenüber aufgefressen. Selten ist die starke "who the fuck cares"-Lorelei zu sehen. Klar wusste Emily immer, wie sie ihre Tochter auf die Palme bringt, aber das hat Lorelei nur selten derart lange mitgenommen.

Loreleis beste Idee war es dann vielleicht auch die Therapie ohne Ihre Mutter fortzusetzen. Doch wie so vieles in dieser Mini-Serie verliert es sich viel zu schnell wieder, wird für irgend einen Gag geopfert (in diesem Fall die singende Therapeutin) und versandet im Nichts um von einem neuen Einfall ersetzt zu werden. Und der heißt bei Lorelei Selbstfindungswandern. "Lorelei ist dann mal weg" oder so ähnlich? Nicht ganz. Wer wirklich dachte, unsere Lorelei würde auch nur einen Meter wandern, der kennt die Gilmore Girls nicht. Dass man es sich allerdings so einfach macht und nach ein paar gescheiterten Anläufen den Blick über die Landschaft als Allheilmittel präsentiert, enttäuschte mich wieder - auch wenn der Wandertrip zwei tolle Cameos mit sich brachte. (Nach Mae Whitman Nummer 2 und 3 aus Lauren Grahams letzter Serie Parenthood)

Am Ende kann Lorelei dem verzweifelten Luke gegenübertreten, noch ein paar Missverständnisse mit ihm austauschen um dann ihr verdientes Happy End  zu bekommen. Eine tolle Szene, die zu meinen Highlights aus der Fortsetzung zählt.

Emily

Mit dem steigenden Alter der Protagonistinnen steigt meines Erachtens nach auch die Qualität ihrer Geschichten. Denn bis ein paar kleine Ausrutscher in die Übertreibung und ein paar Längen, kommt Emilys Weg von "Richards Witwe" zu "Emily Gilmore" am durchdachtesten daher.

Angefangen bei tiefer Trauer und dem Versuch sich allem zu entledigen, was ihr keine Freude bringt, kommt Emily langsam wieder auf den Damm. Sie füllt das Haus mit der Familie ihrer Haushälerin und ist irgendwann zumindest wieder die Emily, die wir alle kennen. Und dann passiert etwas herrliches: Emily blüht auf. Sie bemerkt schließlich, wie scheinheilig ihre DAR-Damen sind, wie unnötig groß das Haus, jetzt wo sie nur noch allein ist, und wie kühl ihr Leben war. Also kauft sie ein Haus am Meer und freut sich, dass im Gergensatz zu ihren Kreditkarten nicht "Mrs. Richard Gilmore" auf der Urkunde steht, sondern "Emily Gilmore".

Zwischenzeitlich zerstreitet sie sich mal wieder mit Lorelei, da diese sich auf Richards Trauerfeier doch etwas daneben benahm. Hier sei der einzige Kritikpunkt, dass der Konflikt generisch wirkte. Hauptsache die beiden streiten sich. Die wahren Beweggründe Loreleis wurden mit Floskeln abgetan. Die stark übertriebenen Anschuldigungen Emilys nahm Lorelei nahezu kampflos hin. Konnte man früher beide Frauen in ihrer jeweiligen Welt verstehen, wurde es hier schwierig. Die Aussöhnung, als Lorelei am Ende durch die Blick in die Landschaft ihren Seelenfrieden wieder findet, ist dann jedoch eine schöne Szene. Emily bedankt sich ehrlich für Loreleis Anruf und man merkt ihr die mitschwingende Vergebung an.

Where the Others Are

Ich habe es oben bereits erwähnt, das Gilmore Girls Revival verstrickt sich bisweilen etwas im Fan-Service. Während der Veronica Mars Film sich dem komplett verschrieb und in einem Reunion-Szenario spielt, hatte Gilmore Girls nicht diesen Auhänger. Genau daran hapert auch der ein oder andere Auftritt eines Charakters. Während die Bewohner von Stars Hollow völlig authentisch allesamt noch vorhanden sind, wird es bei einigen anderen schon schwieriger. So gerät Paris' Rückkehr allzu holprig, ist es nämlich nicht Rory, die sich mit ihrer alten Freundin als erstes trifft, sondern ihre Mutter, die bei Paris im Büro sitzt. Paris ist inzwischen in dem Feld der Leihmutterschaft tätig und betreibt dies genau so, wie man es von Paris erwartet. Erst ein wenig später, als Rory und Paris in Chilton sind (dessen Grund auch äußerst unzulänglich nachvollziehbar erklärt wurde), fühlt sich Paris' Anwesenheit nicht deplatziert an.

Immer gerechtfertigt ist das Vorhandensein von Lane, Rorys bester Freundin. Damit hört es bei ihr aber auch auf. Außer, dass Zach scheinbar in einem Bürojob festhängt und sie sich alle noch zu Proben von Hep Alien treffen, erfahren wir nicht über diesen Teil von Rorys Freunden. Da bekam selbst Paris mit ihrer Scheidung von Doyle und dem damit verbundenen Wiedersehen auch mit ihm reichtich Backstory.

Die anderen Bewohner von Stars Hollow machen das, was sie am besten können und holen so den Charme der Kleinstadt wieder in unsere Wohnzimmer. Kirks Versuche, mit Ooober ("Stop making that Sound!!!") einen Fahrdienst zu etablieren, sind extrem witzig. Taylor darf sich bei Town-Meetings weiterhin in Bürokratie verstricken (A propos, wieso ist er immer noch Bürgermeister?) und Gipsy rät Lorelei mehrfach lautstark sich ein neues Auto zu kaufen.

Hervorgehoben soll auch Michel sein, der Lorelei zunächst nicht von der Seite weicht, wenn es um das Dragonfly Inn geht. Hier ist alles beim Alten - bis auf einen entscheidenden Unterschied: vor zwei Jahren verschwand Sookie scheinbar einfach so um jetzt auf einer Farm irgendwo biologische Pflanzen zu züchten. Nicht nur wäre das eher etwas für Sookies Ehemann Jackson, es ist auch einfach eine schlechte Erklärung für das Fehlen der wichtigsten Bezugsperson von Lorelei nach Rory. Sogar als Jackson kurz auftaucht, verliert man kaum ein Wort darüber, wie das eigentlich mit Sookies Familie funktioniert.
Da muss es für Lorelei eben Michel richten, auch wenn der mit der Größe des Hotels so seine Probleme hat und sich nach etwas prunkvolleren, prestigeträchtigerem sehnt. Kurz bevor er jedoch Lorelei und dem Dragonfly Inn den Rücken kehrt, wird natürlich noch einen Lösung gefunden, mit der alle Leben können. Wenigstens ein paar Feelgood-Lösungen gibt es noch.

Dean ist übrigens auch kurz da. Sehr kurz.

Where We Leave: The Final 4 Words

Rory: "Mom?"
Lorelei: "Yeah?"
Rory: "I'm pregnant."

Bäm. Schluss. Das ist das Ende, das Amy Sherman-Palladino schon immer als den Schluss der Serie geplant hatte. Sicherlich spannt dies perfekt den Bogen zu Loreleis Geschichte und der Tatsache, dass sie irgendwann genau diese Worte auch ihrer Mutter sagte. Auf der anderen Seite haben wir als mögliche Väter einen Wookie oder Logan Huntzberger. Letzterer schreckt mich zwar grundsätzlich nicht ab, ist jedoch in der gezeigten Konstellation wohl nicht gerade der Wunschkandidat der Fans. Vielleicht ist auch das die Parallele zu Lorelei, quasi ein zweiter Christopher. Passend dazu wurde Jess auch als Rorys Luke kurz vor Ende ins Spiel gebracht. Also geht der Kreislauf jetzt wieder von vorne los? So zufrieden ich damit war, dass Jess wohl doch wieder in Frage kommt, so unvollständig fühlte es sich an, als er durch das Fenster zu Rory blickte.

Fazit

Das bringt mich genau an den Punkt, der diese gesamte Fortsetzung ausmacht: Unvollständigkeit. Nichts wird so richtig ausfüllend zu Ende erzählt, nichts fühlt sich vollständig so an, wie man es aus der Ursprungsserie kannte. Und so passt es auch, dass man eben weder vollständig enttäuscht vom Sequel ist noch vollständig begeistert. Selbst der Humor hinterlässt streckenweise einen faden Beigeschmack. Denn hin und wieder rutscht er ins lächerlioche ab, wirkt zu gewollt. Einige Slapstick Einlagen haben auch Fremdschäm-Potential. Gepaart werden diese mit Momenten starker Dialoge und unterschwelligen Anspielungen sowie gerade heraus witzigen Sprüchen.

Das Bild bleibt ambivalent: Ich finde es bei weitem nicht schlecht, dass diese Folgen existieren, sie haben durchaus Spaß gemacht. Aber so richtig perfekt war dieses Erlebnis nicht. Das Wiedersehen war angenehm, mehr aber auch nicht. Mal sehen, ob wir uns diesmal wirklich von den Gilmore Girls verabschiedet haben...

Achso...ich hab ja Paul ganz vergessen?!?!

Freitag, 15. Januar 2016

Magically Popping Up: Drei frische Fantasy-Projekte im Schnellcheck

Nachdem in den letzten Jahren erst Vampire und dann Zombies Hochkonjunktur hatten, beweist Game of Thrones ab April in seiner sechsten Staffel, dass auch Fantasy eine breite Zuschauerschaft finden kann. Fast schon synchron starten derzeit einige weitere Fantasy-Projekte. Dabei halten sich die großen Networks, die momentan im Comic-Fieber sind, allerdings zurück und überlassen eher kleinen Sendern diesen Mini-Boom.

Und so ist es Syfy, das noch Ende 2015 eine Vorpremiere von The Magicians zeigte und damit seinem Namen alle Ehre machte. Das ehemalige ABC Family (Pretty Little Liars, Greek) heißt jetzt Freeform und startete mit Shadowhunters eine Serie, in der es quasi alles gibt. Und MTV, ja dieses ehemalige Musikfernsehen, kommt mit der wohl ambitioniertesten Serie in Form von The Shannara Chronicles daher.

The Magicians (Syfy)

Worum es geht
Harry Potter in Erwachsen? So oder so ähnlich könnte man die Prämisse der Serie bezeichnen, denn Hobbyzauberer Quentin wird durch einige "Fügungen" zum Aufnahmetest in eine Schule für Magie gelotst. Mit dabei ist auch seine beste Freundin Julia. Während Quentin den Test ohne Probleme besteht, schafft Julia diesen nicht und soll ihrer Erinnerung daran beraubt wieder in die normale Welt geschickt werden. Durch einen Trick gelingt es ihr jedoch, dies zu verhindern.

Währendessen taucht Quentin in die Welt der Magie ein, lernt über verschiedene Arten und versteht, dass es durchaus harte Arbeit wird. Mehrere ominöse Begebenheiten deuten zudem an, dass darüber hinaus weitere Prüfungen bevorstehen - und das Ende lässt uns mit einem massiven Cliffhanger zurück.

Wie es war
Etwas hölzern tauchen wir in die Welt der Magie ein, finden kaum Bezug zu den Charakteren. Das klingt erst mal vernichtend, doch so schlimm ist es nicht. Dem Zuschauer wird zumindest sehr gut vermittelt, wie sich Quentin wohl fühlen mag. Außerdem zeigt man uns tolle Animationen der magischen Fähigkeiten und bislang eine stimmige Mythologie.

Einzig die Richtung, die die Serie jetzt nehmen wird, scheint nach dem Ende offen. Und das wiederrum ist auch das spannende. Denn unser "Held" Quentin wird nicht von einem weisen Beschützer an die Hand genommen, sondern wird wohl allein zurechtkommen müssen. Und so steht am Ende eine mittelmäßige Pilot-Folge, die durch ihr spannendes Ende aufgewertet wird und zum weiteren Einschalten bewegt.

Shadowhunters (Freeform f.k.a. ABC Family)

Worum es geht
An Clarys 18. Geburtstag passieren ihr allerhand unerklärliche Dinge, ihre Mutter verhält sich komisch und zu guter Letzt wird sie Zeuge eines übernatürlichen Massakers. Völlig überfordert, erklärt ihr ihre Mutter endlich, was los ist. Sie stahl einst ein wichtiges Artefakt und wurde von nun an verfolgt. Endlich sicher versteckt, entscheidet sie sich, ihre Tochter zu schützen und ihr bist zum 18. Geburtstag ihre Kräfte zu nehmen.

Es kommt, wie es kommen muss: Die Bösewichte finden Clary und ihre Mutter, die beiden werden getrennt. Während ihre Mutter sich in den Händen der Verfolger befindet, trifft Clary wieder auf die sogenannten Shadowhunters, die die Welt der Menschen frei von Dämonen halten. Jace, Alec und Isabelle nehmen Clary (zum Teil eher widerwillig) unter ihre Fittiche, da Jace mehr in ihr sieht. Und so beginnt die Suche nach Clarys Mutter und der Kampf gegen Dämonen und andere Monster.

Wie es war
Ganz abgesehen von der Fantasy-Prämisse, steht Shadowhunters eher auf der Comic-Seite. Clary findet ihre Kräfte und steht von nun an zwischen ihren menschlichen Freunden und ihren übernatürlichen Kumpanen. Das muss nichts schlechtes sein, doch der Plot ist dahingehend überschaubar. Die Shadowhunter sind interessant gestaltet und ausreichend mysteriös. Außerdem werden einige Figuren nur angeteast, die eventuell noch interessant werden, um die Mythologie der Serie zu ergründen.

Insgesamt wirkt die Serie einfacher gestrickt, allerdings fällt das nur selten auf, da sie trotzdem spannend ist. Mehrfach entsteht die Frage, ob eine Figur nun tot ist oder nicht. Das trägt auf jeden Fall dazu bei. Die düstere Grundstimmung ist sehr gut getroffen, es ist quasi ständig dunkel oder es regnet sogar.

Die Effekte gehen in Ordnung, die Optik ist nicht phänomenal, aber durchaus sehenswert. (Once Upon a Time und Supergirl zeigen zum Teil sehr deutlich, dass es wesentlich schlechter geht) Einziges großes Manko: Die schauspielerische Leistung von Clary-Darstellerin Katherine McNamara muss sich noch steigern. Ihre viel zu mädchenhafte, naive Art passt nicht zum Grundton der Serie, ihre Rolle ist auch eigentlich gar nicht so ausgelegt. Auch ansonsten ist das Äußerliche der Darsteller eher Besetzungsgrund gewesen als das Schauspieltalent, aber sei's drum, die Serie bewirbt sich sicherlich nicht um Emmys oder der Gleichen. Einschalten werde ich trotzdem weiter, das Grundgerüst ist zunächst interessant, Potenzial ist also vorhanden.

The Shannara Chronicles (MTV)

Worum es geht
Die Elfen-Prinzessin Amberle wird überraschend Teil der Auserwählten, die den sagenumwobenen Baum Ellcrys beschützen. Sie hat Visionen von einer dunklen Zukunft, in der Dämonen die Welt zerstört haben. Wie sich bald herausstellt, stirbt Ellcrys langsam aber sicher und mit jedem Blatt, dass er verliert, wird ein Dämon in die Welt gesetzt.

Zur selben Zeit stirbt Wills Mutter und er beschließt, seine Heimat zu verlassen. Er bekommt sogenannten Elfensteine mit auf den Weg, die ihm allerdings gestohlen werden. Er trifft auf den Druiden Allanon, der nach Jahrzehnten wieder erwacht ist und nun versucht gemeinsam mit dem Elfenkönig Eventine (John Rhys-Davies, Zwerg Gimli aus Der Herr der Ringe) die Welt zu retten. Er eröffnet Will, dass sein Vater einst ein großer Elfenkrieger war und einen großen Teil zur Beendigung des letzten großen Krieges beitrug - unter Nutzung von Magie. Und so begeben sie sich auf die Suche nach Amberle, die nach ihrer Vision floh. Nachdem einer der frei gewordenen Dämonen sechs der sieben Auserwählten tötete, ist sie die Einzige, die Ellcrys noch beschützen kann.

Wie es war
MTV hat es geschafft, eine einzigartige Welt in einem völlig eigenen Kosmos auf die Mattscheibe zu zaubern. Denn ähnlich wie Game of Thrones und anders als die beiden anderen hier besprochenen Serien, spielt The Shannara Chronicles in einer völlig eigenen Welt. Und das kostet die Serie mit tollen Bildern, atemberaubenden Kamerafahrten und tollen, differenzierten Sets auch aus.

Die Mythologie der Serie ist stimmig, die Charakterbeziehungen teilweise sehr verwoben. Es macht Spaß sich in dieser Welt einzufinden. Dabei spart MTV nicht an nackter Haut und brutalen Kampfszenen. Kein GoT-Level, aber durchaus beachtlich.

Außerdem kommt eine Art Rollenspiel-Gefühl auf, wenn sich unsere Helden in ihre Quests in eine uns unbekannte Welt stürzen. Die Mischung aus für alle Unbekanntem und Einführung einzelner Charaktere in ihre eigentliche Welt ist hier gelungen, spielt sich kaum nach Schema F ab. Alles fühlt sich monumentaler an, was natürlich von eben erwähnter optischer Gestaltung unterstützt wird.

Fazit
Fluch oder Segen? Wie immer lässt sich das nicht eindeutig sagen. Die beiden ersteren Serien haben Potenzial, wenn sie das nicht verspielen, könnte auch hier durchaus etwas tolles draus werden. Shadowhunters ist in diesem Dreiergespann das schwächste Glied, sicher auch aufgrund der anvisierten Zielgruppe des Senders und der damit verbundenen weniger intensiven Gestaltung.

Als momentaner Sieger geht für mich The Shannara Chronicles hervor, dass durch seine Welt und eine Fokussierung auf mehrere Charaktere besticht. Gesagt werden muss allerdings, dass die Serie auch die doppelte Zeit hatte, um ihre Einführungsgeschichte zu erzählen, da sie mit einer Doppelfolge startete.

Fest steht, dass es für den geneigten Fantasy-Fan, zu denen ich mich zähle, durchaus positiv zu bewerten ist, solche Serienprojekte realisiert zu sehen. Und dann kann man getrost auch auf einen Fehlgriff verzichten. Momentan bleibe ich bei allen drei Serien am Ball.