Mittwoch, 23. Dezember 2015

Jahresrückblick eines Serienjunkies 2015

Beste neue Drama-Serie 2015
Quantico - Agentenserie rund einen Terroranschlag: Spannend, sexy und voller Twists.
Empire - Der Quotenhit des Jahres mit Soap-liken Stories, viel Musik und Bling-Bling.

Beste neue Comedy-Serie 2015
Galavant - Sangesfreuden mit allerhand Selbstironie im Mittelaltersetting. Macht einfach Spaß
Unbreakable Kimmy Schmidt - Tina Fey did it again! Kimmy im Großstadtdschungel ist einfach superwitzig!

Beste alte Drama-Serie
The Good Wife (CBS) - Auch im siebten Jahr noch hervorragend. Für mich einfach konkurrenzlos.

Beste alte Comedy-Serie
Brooklyn Nine-Nine - Die Cop-Comedy mit Andy Samberg ist einfach zum Schießen komisch, vor allem weil sie so herrlich originell ist.

Guilty-Pleasure-Serie 2015
Faking It - Schon mehrfach von mir gelobt, einfach eine Serie zum Gutfühlen und Lachen.

Größte Enttäuschung 2015
Absetzung Looking - Leider war es für die drei schwulen Jungs nach zwei Staffeln vorbei, der abschließende Film kommt laut HBO im Frühjahr.

Größte Überraschung 2015
Nach Absetzung durch FOX übernimmt Hulu The Mindy Project - und bereitet mir damit eine große Freude.

Gilmore Girls wird von Netflix fortgesetzt!

Bestes Serienpaar 2015
Jimmy und Gretchen (You're the Worst) - Ein Chaospaar ohnegleichen. Es macht einfach Spaß den beiden in ihrer Welt zuzusehen.

WTF-Moment 2015
Cersei Lannister läuft splitternackt durch die Straßen von King's Landing, wird dabei mit allerlei Dingen beworfen und von ständigen "Shame!"-Rufen begleitet.

Bestes Serienfinale 2015
Drei mir sehr liebe Serien verabschiedeten sich dieses Jahr geplant und entsprechend gebührend: Parenthood rührte noch einmal zu Tränen, Cougar Town regte ein letztes Mal zum Lachen und Weintrinken an und auch das Kostümdrama Downton Abbey zeigte seine letzte (reguläre) Folge. (Am 25.12. läuft dann mit dem Christmas-Special das große Finale)

Bester Schauspieler 2015
Jonathan Groff (Patrick, Looking; Frozen; Glee)
Andy Samberg (Jake, Brooklyn Nine-Nine)
Peter Dinklage (Tyrion Lannister, Game of Thrones)

Beste Schauspielerin 2015
Wie immer: Julianna Margulies (Alicia Florrick, The Good Wife)
Viola Davis (Annaliese Keating, HTGAWM)
Mindy Kaling (Mindy Lahiri, The Mindy Project)

Beste Nebendarsteller 2015
Michael J. Willet (Shane, Faking It)
Andre Braugher (Cpt. Ray Holt, Brooklyn Nine-Nine)
Christine Baranski (Diane Lockhart, The Good Wife)

Neue Lieblingsfiguren 2015
Peggy Carter (Marvel's Agent Carter)
Cookie Lyon (Empire)

Alte Lieblingsfiguren
Mindy Kaling (The Mindy Project)
Phil Dunphy (Modern Family)

Traurigster Serienmoment 2015
Ein stark verbrannter Feuerwehrmann gibt den Ärzten Anweisung, erst seine Kameraden zu behandeln, dann ihn. Wie sich herausstellt wissen sowohl die Ärzte als auch er, dass er es nicht überleben wird und so sichert er durch diese Geste seinen Kameraden eine schnellere Behandlung zu. In den Armen seiner Frau stirbt er schließlich.

Bemerkenswertester Abschied 2015
Etwas komisch mutete die Episode mit Dereks Tod leider an, erst das Ende ist schaurig schön: Derek weiß, was mit ihm geschieht, analysiert aus dem Off seine Situation, seine Überlebenschancen und die nötigen Behandlungen. Und so merkt er auch früh, dass er falsch behandelt wird und sterben wird.

Beste Neuentdeckung 2015
Undateable und You're the Worst - Zwei sehr witzige Comedies, die auf ihre Art originell sind und jeweils einen starken Cast zu bieten haben.

Auffälliges Merkmal 2015
Quotenrückgang/Der Siegeszug von Netflix - Netflix verdoppelt die Anzahl seiner Serienprojekte für 2016 im Vergleich zu 2015, die Bandbreite reicht dann vom Marvel-Comic (Jessica Jones, Luke Cage) über Revivals (Gilmore Girls, Fuller House) bis hin zu anderem Eigenständigem Material. Währenddessen sind die Quoten im regulären TV im Dauer-Sinkflug. Trotz Hits wie TBBT oder Empire geht das Zuschauerinteresse genau zu einer bestimmten Zeit einzuschalten spürbar zurück.

Nervigste Storylines 2015
Madam Secretary (CBS) - Die Story um Henrys Verwicklungen bei der CIA und die Rekrutierung eines russischen Soldaten. Alles ziemlich sinnlos und ohne Bezug. Dazu leider viel zu stereotyp gezeichnet um es ernst zu nehmen.

Bestes Online-Video 2015
Ganz klar: #IchHabPolizei von keinem Geringeren als Jan Böhmermann




Beste Szene 2015
The Good Wife, S07E10 "KSR": Alicias Blick, als Eli ihr erzählt, dass er einst Wills Liebesgeständnis von ihrer Mailbox löschte. Dann die Hand, die seinen Drink wegzieht und dann ein bestimmtes "Get out!" - Wahnsinn!

Größte Vorfreude für 2016
Looking Abschluss-Special
Game of Thrones, Staffel 6
Midseason-Starts: The Catch, Lucifer, The Real O'Neals
Gilmore Girls Sequel

Sonntag, 6. Dezember 2015

Krimi no more - Wie ein DDR-Spion und rote Bänder die deutsche Serie retten

In meiner letzten Analyse (Alles Krimi, oder was?) zu deutschen Serien rief ich laut nach Genre-Serien oder sonstigem kreativen Serienmaterial aus deutscher Produktion. Das ist über ein Jahr her. Und als ob meine Rufe erhört wurden, hat sich in diesem Jahr etwas getan.

Zu aller Überraschung sind es RTL und Tochtersender VOX, die einen bedeutenden Beitrag zur Umgestaltung der deutschen Fernsehserie liefern. Auf höchst unterschiedliche Weise gehen es die beiden Produktionen an, das Ergebnis ist beide Male stimmig und äußerst unterhaltsam.

Club der roten Bänder

Polseres vermelles von Albert Espinosa diente als Vorlage für diese Krankenhausserie rund um eine Gruppe jugendlicher Patienten. Die Geschichte basiert auf den Erfahrungen des Autors, als er selbst lange Zeit auf der Jugendstation verbrachte. Die Charaktere sind aus vielen verschiedenen Menschen komprimiert, wirken dadurch echt, allerdings nie überfrachtet.

In den USA ging letztes Jahr die Serie Red Band Society (der Titel in Anlehnung an "Dead Poet's Society") an den Start und konnte mich bereits überzeugen. (Bitte wieder einschalten!) Leider schaffte es die Serie nicht, ein breites Publikum zu begeistern und wurde nach nur 13 Episoden abgesetzt. Daher war ich zunächst auch skeptisch, ob es eine gute Idee ist, diesen Stoff in Deutschland zu Adaptieren. Aber siehe da, das Ergebnis ist schlichtweg toll: Die Serie ist qualitativ hochwertig, überzeugt auf emotionaler Ebene, schreckt auch vor schweren Entscheidungen nicht zurück und ist - und das ist leider das allerwichtigste - ein Quotenerfolg für VOX. Damit bringt die erste Eigenproduktion des Senders nicht nur Kritikerlob, sondern auch waschechten Erfolg.

Worum es geht

Leo, ein Knochenkrebspatient, dem ein Unterschenkel amputiert wurde, bekommt einen neuen Zimmergenossen, der auch ein Leidensgenosse ist: Jonas soll am nächsten Tag der Fuß amputiert werden. Leo überredet Jonas zu einer Bein-Abschiedsparty, zu der Leo auch Emma einlädt, ein magersüchtiges Mädchen, das ebenfalls im Krankenhaus stationiert ist.

Parallel dazu kommt der arrogante Alex mit Herzproblemen in das Bett neben dem im Koma liegenden Hugo. Als sich der geistig behinderte Toni beide Beine bricht, landet auch er im Krankenhaus - und kann sich mit Hugo verständigen. Die anderen Treffen den komatösen Jungen bei ihren OPs respektive Zusammenbrüchen in einer Art Zwischenwelt. Damit ist der Club der roten Bänder komplett und es stehen diverse witzige, aber auch ernste Abenteuer im Krankenhaus an.

Warum die Serie sehenswert ist

Im Gegensatz zur amerikanischen Adaption verzichtet die deutsche auf zu viel Ballast. Die erwachsenen Charaktere (Ärzte, Eltern, Krankenschwestern) nehmen deutlich weniger Raum ein, das schafft Platz um die Beziehung der Jugendlichen untereinander stärker aufzubauen. Damit einher geht der Verzicht auf unnötiges Liebes-/Lebensdrama von außerhalb des Krankenhauses. Der Fokus liegt auch hier auf den Patieten und wie diese sich gegenseitig Halt geben. Und zu guter letzt sind die Annäherungen zwischen Jonas/Leo/Emma deutlich subtiler als in der US-Serie.

Auch sonst punktet die Serie. Gute Musikauswahl, schöne Inszenierungen von emotionalen Momenten und gelunge Performances der Jungschauspieler greifen ineinander. Und so entsteht trotz des Krankenhaussettings eine angenehme Atmosphäre. Einzig die Dialoge mit den Ärzten bleiben oft zu schwammig, zu unkonkret und oberflächlich. ("Hör auf damit, du bist hier um gesund zu werden!")


Deutschland 83

Seit Monaten in aller Munde, endlich auch bei uns: Deutschland 83, das international gelobte RTL-Serienprojekt. Inzwischen schon in den USA ausgestrahlt (eine absolute Seltenheit, dass ein US-Sender so erpicht auf die Ausstrahlung einer deutschen Serie ist), dürfen auch endlich wir Deutschen die Serie genießen. Spannend, unfreiwillig komisch und kulturell treffsicher zeigt sich die Spionage-Serie. Ob RTL mit den hiesigen Quoten zufrieden ist? Wohl kaum. Der internationale Erfolg gibt wohl aber zu hoffen, dass es weiter geht, dann mit Deutschland 86.

Worum es geht

Die Fronten im Kalten Krieg verhärten sich im Krisenjahr 1983, die DDR befürchtet einen US-Angriff auf ihr Territorium. Höchste Zeit, Informationen vom Klassenfeind zu erspähen. Martin, Grenzsoldat in der DDR, hat eine kranke Mutter, die nur über Beziehungen an eine Spenderniere kommt. Deren Schwester Lenora ist zwar bei der HVA, doch nur wenn sie Martin als Spion in den Westen schickt, kann sie ihrer Schwester helfen, so gibt sie vor. Also wird Martin als Oberleutnant Moritz Stamm in die Bundeswehr eingeschleust um Informationen zu sammeln. Aus der versprochenen, einmaligen Aktion wird unter Lenoras Druck ein längerer Einsatz.

Warum die Serie sehenswert ist

Neben den durchweg sehr guten Darstellerleistungen, treten zwei Dinge besonders hervor: Zum Einen ist es die liebevolle Ausstaffierung der Sets im Stil der 80er Jahre mit entsprechendem Soundtrack. Zum Anderen ist es die Tatsache, dass die Ost-West-Problematik sehr differenziert thematisiert wird und keine schwarz-weiß-Malerei betrieben wird, die eine Seite zum Buhmann macht. (Gut, vielleicht mal abgesehen von den kaltblütigen Methoden einiger Spione) Des Weiteren zeigt man Zweifel und ein breites Meinungsbild der Charaktere und untersucht zuweilen auch deren Beweggründe. Die Figurenkonstellation ist somit konfliktreich und inhomogen.

Dabei ist Deutschland 83 keine Dokumentation, sondern Fiktion. Und das wird an manchen Stellen auch sehr deutlich. Aber gerade das macht es für mich umso interessanter, da man so eine gewisse Distanz zur Geschichte der BRD/DDR wahrt und diese trotzdem gekonnt nutzt um eine spannende, interessante Story zu erzählen.

Fazit

Ich möchte noch nicht von der ultimativen Wende in der deutschen Serienlandschaft sprechen, doch der Anfang ist gemacht. Inhaltlich interessant, top besetzt, optisch hochwertig. Der Erfolg gibt beiden Serien recht, die Kritiker sprechen nicht zu unrecht in hohen Tönen von ihnen. Einzig die Programmierung in Doppelfolgen und das auch damit verbundene, lange Warten auf neue Staffeln, könnte zum Problem werden. VOX plant die zweite Staffel von Club der roten Bänder für Spätherbst 2016 ein, während man heuer die 10 Folgen in 5 Wochen versendet. Ähnlich wird es auch Deutschland 86 gehen, falls RTL die Serie verlängert.

Trotzdem sind beide Serien absolut sehenswert und damit ein Gewinn für hiesige Produktionen. Es lebe die deutsche Serie!