Sonntag, 18. Oktober 2015

Underappreciated, Underestimated, Underwatched - Geheimtipps

Nach langer, hitzebedingter Abstinenz melde ich mich zurück!

Diesmal soll es um ein paar unterschätzte Serien gehen, die etwa unkonventionell sind oder belächelt werden, allerdings bei genauerem Hinsehen einen sehr guten Eindruck hinterlassen.

Undateable (seit 2014)

Die Geschichte von Undateable ist kurz erzählt: Danny sucht einen neuen Mitbewohner und findet bald Justin, den Besitzer einer Bar. Das ungleiche Paar - Manwhore Danny und Romantikfreak Justin - wird um Dannys Schwester und Justins Kumpels ergänzt. Fortan spielt sich alles in Justins Bar ab. Bis hierher eine recht bekannte Konstellation. Doch als die Quoten der Serie immer weniger den Erwartungen vom ausstrahlenden Sender NBC entsprachen, entschied man, kurz vor Ende der zweiten Staffel eine LIVE-Episode zu zeigen - und das brachte die Veränderung, die Undateable schlussendlich einzigartig macht (zumindest dieser Tage).

TV's Scott Foley

Mit unglaublich viel Kreativität und Liebe gestalteten die Macher die Live-Episode. Der sonst schon gute Cast lief zu Hochtouren auf und man ließ es sich nicht nehmen eine Reihe von TV-Stars vorbeischauen zu lassen. Quasi der komplette Scrubs-Cast (Zach Braff, Neil Flynn, Donald Faison, Christa Miller) schaute vorbei, dazu kamen Kate Walsh, Minnie Driver und natürlich Scott Foley. Ed Sheeran lieferte eine Live-Performance ab und küsste (zumindest in der Ausstrahlung an der West-Coast) Hauptdarsteller Brent Morin völlig unvermittelt.

If I Were a TV Character, I'd Have a Catch Phrase

NBC entschied, dass die komplette dritte Staffel aus Live-Episoden bestehen wird. In anderen Serien (allen voran 30Rock) gibt es diese auch, eine ganze Staffel jedoch nie. Die Kritiker sind sich uneins, die Zuschauer auch. Ich allerdings empfinde den Schritt bisher als richtige Entscheidung, zumindest gewinnt die Serie ungemein an Charme und Originalität. Den Schauspielern macht es auffällig viel Spaß und die Autoren spielen gekonnt mit dem Vorteil, Live zu sein. So berichtete Shelly in der ersten Folge der dritten Staffel den Plot der zuvor auf FOX ausgestrahlten, neusten Folge Empire. Ob die Serie interessant bleibt, obwohl sie nun sehr beschränkte Handlungsorte hat, und ob es sich gelohnt hat, auf LIVE umzustellen, muss sich noch zeigen. Doch mir macht die Serie (die ich erst kürzlich entdeckt habe) mehr Spaß als zuvor.

Faking It (seit 2014)

Ich ließ es bereits in anderen Einträgen anklingen, aus dem anfangs belächelten Faking It ist eine Serie mit sehr viel Herz geworden, die sich nicht scheut, allerhand Minderheiten abzubilden. Auf den ersten Blick stehen zwar die doch typisch jugendlichen Themen um erste Liebe, Sex und Beliebtsein in der High School im Vordergrund, doch die Macher verpassen keine Chance, subtil Toleranz, Akzeptanz und vor allem Normalität im Umgang mit Minderheiten aller Art zu vermitteln.

Being Different Is What Makes You Cool

Angefangen beim heutzutage fast schon obligatorischen Schwulen, ist es zu Anfang vor allem die Tatsache, dass zwei Mädchen so tun als ob sie ein Pärchen - und damit lesbisch -  wären um cool zu sein, die zeigt, dass an dieser High School alles anders ist. Zunächst wirkt alles etwas befremdlich - die Idealvorstellung unserer Gesellschaft auf eine amerikanische High School projiziert? Doch mit der Zeit gewinnt diese Vorstellung mehr und mehr das Vertrauen der Zuschauer. Ganz offen sprechen die Jugendlichen ihre Ängste auf dem Weg zum Erwachsenwerden und der sexuellen Findung aus. Und als ob das nicht genug wäre, werden in Hester (der Name der High School) auch Rollstuhlfahrer und Kleinwüchsige völlig inkludiert, Mädchen stehen völlig normal mit Kopftuch im Gang der Schule. Später entpuppt sich eine Hauptfigur als intersexuell, ein Thema das so gut wie nie irgendwo angesprochen wird.

Alles in allem macht Faking It allerdings Spaß, weil es unglaublich witzig ist und gleichzeitig auch auf emotionaler Ebene punktet. Dass dabei der Gedanke der Gleichheit aller Menschen so sehr im Mittelpunkt steht, indem es eben nie besprochen wird aber trotzdem allgegenwärtig ist, macht aus der Teenie-Serie eine Wohlfühlserie mit Seltenheitscharakter.

Avatar - The Last Airbender (2005 - 2008)
(zu dt.: "Avatar - Der Herr der Elemente)

Wenn man als Erwachsener sagt, dass man einen amerikanischen Anime schaut, erntet man schon mal schiefe Blicke, gerade wenn dieser zunächst für Kinder gemacht scheint und auf Nickelodeon läuft. Doch in Avatar steckt noch so viel mehr.

Zum Einen eine in sich logische Mythologie, die in der Serie fortwährend ergründet wird, zum Anderen Charaktere im Kindes-/Jugendalter, die aus verschiedenen Gründen früh erwachsen werden mussten/müssen und daher entsprechend vielschichtig gezeichnet sind. Dadurch wird aus der Kinderserie für den geneigten Zuschauer schnell eine rasante Fantasyserie mit allem, was das Herz begehrt: Übersinnlichen Fähigkeiten, einer fantastischen Tierwelt, kulturell vielfältig gestalteten Ländern und Bewohnern sowie einer abenteuerlichen Reise mit einem Ziel: Die Beendigung eines 100 Jahre währenden Kriegs.

Dabei gelingt es den Machern diese Reise auf ingesamt drei Staffeln auszudehnen, ohne dass es langweilig wird. Die Lektionen, die die Gaang (Gang + Aang, der Name des Avatars) macht, sind allesamt wichtig für die Entwicklung und den Ausgang der Geschichte. Zudem begeistern mich die Zeichner der Serie mit schnellen Kämpfen, tollen Effekten und detaillierten Schauplätzen.

Die Fortsetzung der Serie 70 Jahre in der Zukunft darf zwar durchaus als gelungen erachtet werden, jedoch lässt sie den Charme und den Witz des Originals teilweise vermissen und führt die Mythologie meiner Ansicht nach etwas zu weit.

Cougar Town (2009 - 2015)

Zugegeben, die Prämisse klang etwas an den Haaren herbeigezogen, doch der Name Courteney Cox erregte meine Aufmerksamkeit. Sie sollte Jules darstellen, die nach ihrer Scheidung mit Anfang 40 noch mitten im Leben steht und dem Auszug ihres fast erwachsenen Sohnes entgegen blickt. Jules besann sich daher darauf, einen viel jüngeren, gut aussehenden Typen an Land zu ziehen. Doch schnell stellte sich heraus, dass die Serie immer mehr zur Ensemble-Serie reift als zunächst geplant. Und bald datete Jules wieder in ihrem eigenen Altersbereich.

Change Approved!

Fortan machten sich die Macher über den Titel der Serie lustig, da er nun irgendwie nicht mehr passte. Es war sogar in Planung, die Serie umzubenennen. Doch dazu kam es in insgesamt sechs Staffeln nie und so wurden die Witze über den Titel der Serie auf dem Title-Screen zum willkommenen Usus.

Angst machte sich zwischenzeitlich unter den Fans breit, als ABC die Serie nach drei Staffeln absetzen wollte. Doch TBS rettete Cougar Town und produzierte insgesamt noch drei weitere Staffeln. Eine gar nicht so seltene, trotzdem aber besondere Wendung. TBS machte das wohl typischste Merkmal der Serie - der exzessive Genuss von Wein zu jedweder Tageszeit - von nun an zum Werbeslogan. Und auch die Serie spielt damit ausreichend. Mehreren Trauerfeiern für eines der besonders großen Weingläser (Füllmenge: eine komplette Flasche Wein) von Jules dürfen wir beiwohnen, ein Versuch von Jules ohne Wein auszukommen scheitert kläglich und am Ende der Serie eröffnet ihr Sohn einen Wein-Bringdienst, damit niemand ohne Wein sein muss, wenn er es nicht will. Und auch sonst mangelt es nicht an Running Gags in der Serie.

Darüber hinaus baut die Serie auf ihre bizarren Charaktere und deren klasse Darsteller. Dass sowohl ein paar Friends-Kollegen von Frau Cox vorbeischauen als auch Teile des Scrubs-Casts (Bill Lawrences voriger Serie) kommt da natürlich noch als I-Tüpfelchen dazu.



Randbemerkung: Der deutsche Untertitel ("40 ist das neue 20") ist sowas von unterirdisch, dass sogar der Originaltitel daneben glücklich gewählt erscheint.

Fazit

Brauche ich hier ein Fazit? Ja, irgendwie schon. Klar, Hits wie The Big Bang Theory und Grey's Anatomy (um zwei Beispiele zu nennen) sind sicherlich nicht ohne Grund Hits. Doch auch kleinere Brötchen können schmecken. Soll heißen: Der Blick über den Tellerrand lohnt sich. Und nur, weil alle anderen eine Serie gucken, muss diese nicht gut sein, was natürlich eben auch genau andersherum gilt. Ich habe hier ein paar kleine, aber feine Serien aufgelistet, die Spaß machen und irgendwie besonders sind, ohne jemals Überflieger gewesen zu sein.