Freitag, 13. März 2015

Welcome to Shondaland!

Wie jetzt? Was soll das denn heißen? Ich sage es euch: Shonda Rhimes, das ist momentan eine der erfolgreichsten Serienschöpferinnen und -produzentinnen. Ihr erster großer Hit war Grey's Anatomy und der befindet sich gerade in seiner 11. Staffel. Mit dem Spin-Off Private Practice brachte sie es im Doppel auf Topquoten und immerhin sechs Staffeln. Und jetzt wirbt ABC, der Sender auf dem alle Shonda-Serien laufen, mit "TGIT" - Thank God It's Thursday! Denn neben Grey's läuft der Polit-Thriller Scandal und neu in dieser Season How to Get Away with Murder (wo Rhimes "nur" Produzentin ist).

Aber auch Frau Rhimes hat mal einen schlechten Tag: Ihre Paradies-Ärzte-Soap Off the Map war leider nur von kurzer Dauer. Doch was genau ist es, was diese Frau richtig macht? Können andere sich eine Scheibe abschneiden oder sollte man lieber seinen eigenen Weg gehen? Ein Blick auf ihre Serien, deren Thematik und die Art und Weise, wie sie es schaffen uns zu begeistern.

Shondas Serien

Grey's Anatomy

Elf Staffeln. So lange läuft die bekannte Krankenhausserie schon. Dabei hat sich viel verändert, Charaktere kamen und gingen, von den ursprünglichen fünf jungen Ärzten sind nur noch Meredith und Alex übrig und doch hat es Shonda Rhimes geschafft, die neuen Charaktere zu etablieren und es so immer noch gute Geschichten zu erzählen.

Meredith hat derweil ihre tiefen persönlichen Missstände bewältigt, sich mit ihrer Mutter postum auseinander gesetzt und inzwischen die zweite Halbschwester kennengelernt. Dass jeder der Ärzte und auch so ziemlich jedes Familienmitglied schon mal selbst auf dem OP-Tisch lag, sei nur eine Randbemerkung. Ansonsten überzeugt Grey's Anatomy nach wie vor (mal mehr, mal weniger) mit interessanten Patienten und starken Gefühlen.

Private Practice

Das Spin-Off zu Grey's Anatomy darf durchaus als etwas zahmere Variante der Mutterserie bezeichnet werden, hatte aber durchaus ihre Momente. Sechs Staffeln lang verfolgten wir Addison (Kate Walsh), wie sie erneut neu anfing und ihr Glück versuchte zu finden. Dabei kam sie ebenfalls mit außergewöhnlichen medizinischen Fällen in Berührung, jedoch oft in vertrauterem Umfeld, da es eben kein anonymes Krankenhaus war, in dem sie arbeitete.

Scandal

Als die Serie startete war weder deren Erfolg noch deren Richtung, die sie einmal einnehmen sollte, abzusehen. Denn während man uns anfangs noch ein Fall-der-Woche-Schema abliefert und nur Stück für Stück Politdrama einstreut, geht es inzwischen nur noch um Olivias Verwicklungen mit diversesten Politikern, Geheimdienstlern und den damit verbundenen Intrigen. Aus der interessanten und spannenden Serie ist ein waschechter Politthriller geworden, der zwar manchmal etwas übertreibt, dabei aber packend ist.

How to Get Away with Murder

Der Senkrechtstarter dieser Season zeigt uns nach Politik und Krankenhaus nun also Anwälte. Oder zumindest junge Menschen, die solche werden wollen. Und die werden dabei ganz schnell in die persönlichen Geschicke ihrer Mentorin verwickelt und damit in einen Tötungsdelikt (um sprachlich thematisch adäquat zu bleiben).

Interessant ist dabei, dass die fünf Studenten zwar ihre Dynamik untereinander haben, diese aber eher im Hintergrund steht und der Fokus mehr auf einzelne Bindungen zu Annaliese, Frank oder Bonnie gelegt wird. So verfügt die Serie zwar über typische Merkmale einer Shonda Rhimes-Serie, jedoch ist auch die Handschrift von Peter Nowalk (deren Schöpfer) und damit die Unterschiede erkennbar.

Shondas Waffen

Starker weiblicher Hauptcharakter

Auffallend bei all diesen Serien ist ihr Hauptcharakter: Weiblich, zielstrebig, stark. Natürlich hat jede Dame ihren Teil zu tragen, keine kommt ohne persönliches Drama. Meredith Grey (Ellen Pompeo) ist am meisten gebeutelt, dark and twisted wie es immer so schön heißt. Doch auch sie weiß, was sie will und setzt sich beruflich durch. Dass sie dabei nicht so kalt und rigeros ist, wie ihre Kolleginnen Annaliese Keating (Viola Davis) oder Olivia Pope (Kerry Washinton; wie passend ihr Name doch ist!) ist sicherlich auch dem Berufzweig geschuldet. Denn während Meredith mit menschlichem Leid umgehen muss und dabei nie knallhart ins Feld zieht, können sich Anwätin Keating und Problemfixerin Pope beruflich keine Blöße geben.

So kommt es schon mal vor, dass Liv in einer Szene einen Klienten in Grund und Boden stampft und ihre Strategie eiskalt durchdrückt und in der nächsten verletzlich sowie eingeschüchtert ihrem Vater ausgeliefert ist. Ambivalenz ist auch für Annaliese Keating kein Fremdwort: Im Gerichtssaal und ihren Schülern gegenüber mimt sie die unterkühlte, stringente Analytikerin, die keine menschliche Zuckung zulässt, um ihre Interessen zu wahren. Doch privat liegt sie auch schon mal zusammengerollt auf dem Bett und ergibt sich ihrer Einsamkeit - und einer großen Portion Wodka.

Dabei schaffen es alle Serien, die Vereinbarkeit dieser scheinbar grundverschiedenen Charakterzüge stets glaubhaft zu vermitteln. Getreu dem Motto: Ich darf unsicher sein, aber nicht wenn es darauf ankommt. Und wenn diese Frauen etwas können, dann ist es unabhängig ihrer persönlichen Gefühlszustände ihren Beruf perfekt auszuüben

Und auch in den Nebenrollen sehen wir starke Frauen, die sowohl privat als auch im Berufsleben keinen Deut schlechter sind als ihre männlichen Kollegen. Cristina Yang (Grey's Anatomy) hat das immer bewiesen und auch Laurel (HTGAWM) zeigt, was sie kann. Selbst die sonst zurückhaltende Abbey handelt hin und wieder auf eigene Faust und beweist, dass mehr in ihr steckt als man zunächst denkt.

Ethnische und sexuelle Diversität

Ein weiteres, auffälliges Merkmal ist eines, das gerade in den USA von größter Bedeutung ist: Die ethnische Diversität, die es zweifelsohne gerade in den amerikanischen Großstädten gibt, wird genaustens abgebildet. Weiße, Afro-Amerikaner, Asiaten - alles Vertreten. Auch wird dabei bestens darauf geachtet, dass hierbei keine allzu großen Klischees Verwendung finden und sich jeder Charakter, abgesehen von typischen Einflüssen von Eltern, eigenständig entwickelt. Auch wird gekonnt auf Diskriminierung hingewiesen, wenn zum Beispiel eine Patientin in Grey's Anatomy nur chinesisch kann, jeder Cristina um sprachliche Hilfe bittet und diese völlig verduzt feststellt, dass sie überhauptkein Chinesisch kann - und zwar weil sie erstens koreanischer Abstammung ist und zweitens in den USA aufwuchs und nicht einmal koreanisch kann.

Neben verschiedenen Vertretungen von unterschiedlichen Ethnien schaffen es die Shonda-Serien auch eine überdurchschnittliche Anzahl von homosexuellen Charakteren zu beinhalten. Neben der bisexuellen Callie und ihrer Langzeitpartnerin Arizona gab es in Grey's Anatomy auch in Einzelfolgen Aufeinandertreffen mit dererlei Personen. Scandal bietet uns wie selbstverständlich einen schwulen Chief of Staff des US-Präsidenten samt Partner mit Familienwunsch. Dabei schreckt man auch nicht davor zurück, ihn an menschliche Abgründe zu schicken (Gays of Our Shows) und ihn so durchaus unsympathisch darzustellen. Und auch HTGAWM scheut sich nicht, den schwulen Hauptcharakter Connor hin und wieder etwas berechnend zu zeigen, ohne dabei seine "weiche" Seite in Form seiner Romanze zum IT-Nerd Oliver zu vernachlässigen.

Moralische Fragen und menschliche Abgründe

Am interessantesten scheinen jedoch die immer wiederkehrenden Entscheidungssituationen zu sein, in die viele der Charaktere oftmals kommen. Sei es etwas rechtlich unerlaubtes zu tun, um einem Patienten zu helfen, sei es die Intrige um Schaden von wichtigen Personen abzuwenden oder ihnen beim Erreichen von Zielen zu helfen oder sei es sogar Mord und Totschlag oder dessen Geheimhaltung - die Möglichkeiten sind je nach Thematik der Serie höchst unterschiedlich. Und dabei macht es sich keine der Serien einfach, denn trotz der Tatsache, dass die Charaktere etwas Verbotenes tun, sollen sie ja trotzdem unsere Helden bleiben, wir müssen also auf irgendeiner Ebene die Beweggründe kennen und verstehen, um deren Handeln rechtfertigen zu können.

Die Liebe - der Reiz des Verbotenen

Von jeher prägen unmögliche Liebesbeziehungen all diese Serien. Getreu dem Motto "Wir machen jetzt genau das, was eigentlich verboten ist." schafft es Meredith Grey von Anfang an sich in einer Beziehung zu ihrem Vorgesetzten Derek "McDreamy" Shepard (Patrick Dempsey) wiederzufinden, ihre beste Freundin Cristina tut es ihr gleich und schnappt sich Dr. Burke und Izzy verliebt sich später in einen Patienten.

Dass Olivia Pope eine (ach Quatsch, mehrere aufeinanderfolgende, nie enden wollende) Affären mit dem verheirateten US-Präsidenten hat und sich bei HTGAWM die beiden Angestellten von Annaliese auch bald mit einem der Schüler im Bett wiederfinden war da nur eigentlich Abzusehen. Es wäre ja auch langweilig, wenn sich zwei Menschen lieben dürfen.

Fazit

Was ist es nun, das diese Serien so erfolgreich macht? Eine Mischung aus interessanten Charakteren, die durchaus ihre Fehler haben und es doch immer wieder schaffen, unsere Sympathien zu behalten gepaart mit dieser gewissen Portion Drama, die auch gerne mal over the top ist, und spannenenden Geschichten zum mitfiebern. Quasi alles, was man braucht um sich 42 Minuten lang einer kleinen emotionalen Achterbahnfahrt auszusetzen. Und zwar ohne dabei seinen "White Hat" zu verlieren.